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Digitale Barrierefreiheit: Ein Menschenrecht mit starken Wurzeln

Digitale Barrierefreiheit ist kein "Nice-to-have" – sie ist ein Menschenrecht. Dieser Grundsatz zieht sich wie ein roter Faden durch die internationalen, europäischen und nationalen Rechtsgrundlagen. Wer sich mit digitalen Angeboten beschäftigt – sei es als Unternehmen oder öffentliche Stelle – sollte diese rechtlichen Zusammenhänge kennen. Denn sie zeigen: Barrierefreiheit ist nicht nur technische Pflicht, sondern auch gesellschaftlicher Auftrag.

Die Schaugrafik mit dem Titel „Digitale Barrierefreiheit – ein Menschenrecht“ stellt die rechtlichen Grundlagen für digitale Barrierefreiheit auf drei Ebenen dar: EU, Deutschland und UN. Auf der rechten Seite beginnt die UN-Ebene mit der UN-Menschenrechtscharta (AEMR), aus der die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) hervorgeht. Von dieser Konvention führt ein Pfeil zur mittleren Spalte, die Deutschland (DE) repräsentiert.  In der deutschen Spalte steht an oberster Stelle der Nationale Aktionsplan 2.0 (NAP), auf den das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (BGG) folgt. Daraus ergibt sich die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV), die für den öffentlichen Sektor zuständig ist. Für den privaten Sektor gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG).  Die linke Spalte zeigt die EU-Ebene. Dort ist die Europäische Konvention der Menschenrechte die Grundlage für mehrere Richtlinien. Die Richtlinie 2016/2102 regelt den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen. Ergänzt wird sie durch die Norm EN 301 549, die Barrierefreiheitsanforderungen für IKT-Produkte und -Dienstleistungen festlegt, sowie durch die Richtlinie 2019/882, auch bekannt als European Accessibility Act. Diese europäischen Regelungen sind durch Pfeile mit den entsprechenden nationalen Gesetzen in Deutschland verbunden.

1. Die UN-Ebene: Der Ursprung des Menschenrechts auf Barrierefreiheit

Auf internationaler Ebene ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) der Grundstein. Sie formuliert das Recht aller Menschen auf Gleichheit, Freiheit und Teilhabe – unabhängig von individuellen Voraussetzungen.

Daraus hervorgegangen ist die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die 2009 in Deutschland in Kraft trat. Sie betont explizit das Recht auf gleichberechtigten Zugang zu Information und Kommunikation – auch im digitalen Raum. Artikel 9 der UN-BRK verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, Barrieren aktiv abzubauen und den Zugang zu IKT (Informations- und Kommunikationstechnologien) sicherzustellen.

2. Die deutsche Ebene: Nationale Umsetzung der Konvention

In Deutschland wurde die UN-BRK durch mehrere gesetzgeberische Maßnahmen umgesetzt. Herzstück ist der Nationale Aktionsplan (NAP 2.0), der die politische Strategie zur Umsetzung der Konvention bündelt. Daraus ergeben sich konkrete gesetzliche Regelungen:

  • Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) formuliert die allgemeinen Anforderungen an Barrierefreiheit und verpflichtet insbesondere staatliche Stellen zum Handeln.
  • Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) konkretisiert die Anforderungen für Websites und mobile Anwendungen des öffentlichen Sektors.
  • Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) nimmt ab 2025 auch viele privatwirtschaftliche Anbieter in die Pflicht – z. B. im E-Commerce, bei Selbstbedienungsterminals oder digitalen Dienstleistungen.

3. Die EU-Ebene: Gemeinsame Standards für Barrierefreiheit

Auch auf europäischer Ebene ist das Menschenrecht auf Barrierefreiheit verankert – unter anderem in der Europäischen Menschenrechtskonvention. Darauf bauen mehrere wichtige Richtlinien auf, die alle EU-Mitgliedstaaten umsetzen müssen:

  • Die Richtlinie (EU) 2016/2102 verpflichtet öffentliche Stellen zu barrierefreien Websites und mobilen Anwendungen. In Deutschland wurde sie durch die BITV umgesetzt.
  • Die Norm EN 301 549 definiert technische Anforderungen für barrierefreie Informations- und Kommunikationstechnologie. Sie ist in vielen Vergabeverfahren und Ausschreibungen maßgeblich.
  • Der European Accessibility Act (Richtlinie 2019/882) richtet sich an privatwirtschaftliche Anbieter und regelt den Zugang zu einer Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen – von Bankautomaten bis hin zu Online-Shops. Das BFSG ist die deutsche Umsetzung dieser Richtlinie.

Fazit: Drei Ebenen, ein Ziel

Internationale Menschenrechte, europäische Richtlinien und nationale Gesetze – alle verfolgen dasselbe Ziel: digitale Teilhabe für alle Menschen. Barrierefreiheit im digitalen Raum ist keine freiwillige Wohltat, sondern ein klar geregeltes Recht. Die gesetzlichen Grundlagen sind komplex, aber konsistent: Wer barrierefreie Angebote entwickelt, handelt nicht nur gesetzeskonform, sondern auch im Sinne von Inklusion, Gerechtigkeit und Fortschritt. Oder kurz gesagt: Digitale Barrierefreiheit ist ein Menschenrecht – und unsere gemeinsame Verantwortung.

Infografik als barrierefreies PDF

Schlagworte:
Digitale Barrierefreiheit
Inklusion
EN 301549
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz