DIN SPEC 66336 für nutzerfreundliche und barrierefreie Verwaltungsportale
Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) wurde der öffentliche Sektor verpflichtet, seine Dienstleistungen digital anzubieten – eine Mammutaufgabe für Bund, Länder und Kommunen. Doch es reicht nicht, Verwaltungsleistungen einfach nur online verfügbar zu machen. Sie müssen auch sicher, effizient, barrierefrei und nutzerfreundlich sein.
Die neu veröffentlichte DIN SPEC 66336 liefert dafür nun einen praxisnahen Standard: Sie definiert überprüfbare Qualitätsanforderungen für die Entwicklung und den Betrieb von Onlineservices und -portalen der öffentlichen Verwaltung – ein entscheidender Schritt in der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG).
Was die DIN SPEC 66336 regelt
Die DIN SPEC 66336 wurde auf Initiative des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Normung (DIN), dem DigitalService des Bundes und über 40 Organisationen aus Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft entwickelt. In 13 Kapiteln definiert sie Qualitätsanforderungen entlang des gesamten Lebenszyklus digitaler Services – von der Nutzenden-Analyse über Entwicklung, Betrieb, Evaluation und Weiterentwicklung. Das Ziel ist ein einheitlich hohes Qualitätsniveau für Verwaltungsportale und Onlineleistungen. Dr. Markus Richter, CIO des Bundes und Staatssekretär im BMI, erklärt dazu:
„Digitale Verwaltungsleistungen sind trotz aller Bemühungen häufig noch nicht so intuitiv bedienbar wie Dienste, die wir in anderen Lebensbereichen nutzen. [...] Mit der DIN SPEC haben wir diese Fragen in den Blick genommen und einen Anforderungskatalog erstellt, der die Verwaltung dabei unterstützt, bessere digitale Angebote zu schaffen.“
Barrierefreiheit als Teil von Qualität
Ein zentraler Bestandteil der Spezifikation ist die digitale Barrierefreiheit. Die Norm greift konkrete Anforderungen aus der BITV auf und verlangt auch Inhalte in Leichter Sprache. Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit war aktiv an der Erarbeitung beteiligt, u. a. durch Simone Miesner (stellv. Leitung) und Marc-Daniel Klein. Damit ist sichergestellt, dass Barrierefreiheit nicht nur als Randthema mitgedacht, sondern fachlich fundiert integriert wurde. Ein weiteres, wichtiges Signal für mehr gesetzlich verankerte Inklusion – damit vielleicht irgendwann mal sichergestellt ist, dass auch Menschen mit Behinderungen oder kognitiven Einschränkungen sämtliche Verwaltungsleistungen gleichberechtigt nutzen können. Die DIN SPEC richtet sich damit explizit an:
- Verwaltungsmitarbeitende, die Digitalisierungsprojekte planen und ausschreiben,
- IT-Dienstleister*innen, die Systeme und Portale entwickeln und betreiben,
- Auditor*innen, die die Qualität und Einhaltung der Anforderungen prüfen.
Sie gilt für neu zu entwickelnde digitale Verwaltungsangebote sowie für bestehende Systeme, wenn diese grundlegend überarbeitet werden.
Entwicklung im Rekordtempo – mit breiter Beteiligung
Die Entstehung der DIN SPEC war bemerkenswert: In nur drei Monaten wurde sie im PAS-Verfahren (Publicly Available Specification) kollaborativ erarbeitet – ein Verfahren, das eine schnellere Umsetzung als klassische Normungsverfahren erlaubt. Martin Jordan, Head of Design & User Research beim DigitalService, resümiert:
„Der Prozess hat gezeigt: Wenn Kommunen, Länder und Bund gemeinsam mit der Wirtschaft an der Digitalisierung arbeiten, können wir in kürzester Zeit wichtige Fortschritte erzielen.“
Ausblick: Mehr als nur eine Empfehlung
Eine DIN SPEC ist ein Vorstandard, der wie eine DIN-Norm verbindliche Qualitätskriterien formuliert – aber schneller und flexibler entwickelt werden kann. In vielen Fällen dient sie später als Grundlage für eine vollwertige DIN-Norm. Mit der DIN SPEC ist es also nicht getan. Sie wird künftig eine zentrale Rolle bei der weiteren OZG-Umsetzung spielen:
- Sie dient als Grundlage für eine Rechtsverordnung nach § 6 OZG
- Sie wird zum Kern eines überarbeiteten Servicestandards, der seit Sommer 2024 weiterentwickelt wird
- Das begleitende Servicehandbuch wird angepasst und erweitert
Fazit
Die DIN SPEC 66336 liefert einen klar strukturierten, praxisnahen und breit abgestimmten Orientierungsrahmen für die Entwicklung hochwertiger digitaler Verwaltungsleistungen. Ihre verbindlichen Qualitätskriterien – einschließlich Barrierefreiheit – soll sie zu einem Schlüsselinstrument für moderne, bürgernahe und inklusive Verwaltungsangebote machen. Ob als Grundlage für Ausschreibungen, als Checkliste in Projekten oder als Maßstab für Audits: Diese Norm wird ab sofort eine zentrale Rolle bei der digitalen Transformation der Verwaltung spielen. Hoffentlich gibt das dem Thema digitale Barrierefreiheit auch nochmal einen Schub.
Die Spezifikation kann über den DIN Media Webshop bezogen werden.