Digital Trust Index 2025 – wie barrierefrei ist das Internet in Europa?
In einer Welt, in der digitale Dienste fast alle Lebensbereiche prägen – vom Online-Shopping über E-Government bis hin zu Lernplattformen – sollte gleicher Zugang für alle eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, ist er aber nicht. Deshalb gibt es Gesetze, wie die BITV und das BFSG – beides sind deutsche Umsetzungen Europäischer Vorgaben. Mit dem Inkrafttreten des European Accessibility Act am 28. Juni 2025 ist der Druck auf einige privatwirtschaftliche Website-Betreiber deutlich gestiegen. Der Digital Trust Index untersucht, wie weit der Umsetzungsstand in Europa ist – und die Antwort fällt alarmierend aus.
Was ist der Digital Trust Index?
Der Digital Trust Index ist eine von der Digitalberatung Craftzing initiierte und durchgeführte Studie, die regelmäßig den Zustand der digitalen Barrierefreiheit in Europa untersucht. In der aktuellen Ausgabe liegt der Schwerpunkt auf der Zugänglichkeit von Websites.
Für die Erhebung nutzte Craftzing eine automatisierte Testumgebung, in der 266.000 europäische Domains aus 18 Ländern anhand von 61 Prüfkriterien aus den WCAG 2.1 (A/AA) untersucht wurden. Technische Grundlage war das weit verbreitete Prüf-Tool Deque Axe, ergänzt durch einen eigens entwickelten Webcrawler und Python-Skripte zur Analyse und Aufbereitung der Daten. Gezählt wurden automatisch erkannte Barrierefreiheitsprobleme, etwa Kontrastfehler, fehlende Alternativtexte oder falsch deklarierte Seitensprachen. Jede Website, bei der mindestens ein solcher Fehler festgestellt wurde, gilt in der Auswertung als nicht barrierefrei.
Methodik und Inspiration
Die Studie orientiert sich am WebAIM Million Project. Um einen vergleichbaren Überblick über Europas Barrierefreiheitslage zu gewinnen, hat Craftzing einen eigenen automatisierten Web-Scraper entwickelt. Dieser analysiert zehntausende Websites, führt Barrierefreiheitstests durch und ordnet jede Seite mithilfe von ChatGPT einer von 15 Branchen zu – basierend auf der IAB Content Taxonomy (ein von der Interactive Advertising Bureau (IAB) entwickelter Standard zur systematischen Kategorisierung von Online-Inhalten). Für die Tests nutzt Craftzing die Deque Axe API, ein bewährtes Open-Source-Tool, das auch manuelle Prüfungen mit denselben Regeln ermöglicht. Nach einer Datenbereinigung wurden rund 60 % der gesammelten Websites in die finale Auswertung übernommen.
Zentrale Ergebnisse: Europa bleibt weit hinter Anforderungen zurück
Die Studie 2025 offenbart, dass 93 % der getesteten Seiten mindestens eine Accessibility-Anforderung verletzen – nur ein minimaler Fortschritt gegenüber 2024 (92,97 %). Selbst die besten Länder sind weit vom Ziel entfernt: In Norwegen, Finnland und Schweden scheitert noch über 87 % der geprüften Websites an mindestens einem Test. Am Ende der Skala finden sich Ungarn, Rumänien und Tschechien mit fast 96 % nicht-konformer Seiten . Die Analyse identifiziert fünf besonders verbreitete Probleme, die europaweit ähnlich auftreten:
- Farben mit zu geringem Kontrast
- Links ohne aussagekräftigen Text
- Fehlende oder unzureichende Alt-Texte bei Bildern
- Buttons ohne zugängliche Beschriftung
- Nicht deklarierte Seitensprache
Sektorale Unterschiede: Öffentliche Hand vs. Privatwirtschaft
Der Digital Trust Index zeigt, dass es durchaus Unterschiede zwischen verschiedenen Website-Typen gibt. So schneiden öffentliche Stellen laut Untersuchung vergleichsweise besser ab, während E‑Commerce-Seiten am schlechtesten performen. Kommerzielle Anbieter scheinen Barrierefreiheit oft noch nicht auf dem Schirm zu haben, obwohl die Deadline für das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz bereits abgelaufen ist. Zugegeben: für die Öffentliche Hand spielt Barrierefreiheit seit BITV 1.0 bereits eine Rolle. Insofern verwundert es nicht, dass man hier schon etwas weiter ist.